Die Corona-Krise hat nicht nur die Aktienmärkte ordentlich durchgeschüttelt, sondern ist auch an einigen P2P-Plattformen nicht spurlos vorbeigegangen. Umso mehr freue ich mich, heute Denny von Rethink-p2p.de begrüßen zu dürfen der seinen Blog vorstellt und unter anderem auch über seine Learnings aus der aktuellen Krise berichtet. Zu welchem interessanten Fazit er dabei kommt, erfahrt ihr im Interview.
Moin Denny, danke dass du dir Zeit für eine kurze Blogvorstellung nimmst. Zunächst aber ein paar Sätze über dich: Wer bist du und was machst du sonst noch außer zu bloggen?
Hi Götz! Besten Dank erstmal für die Möglichkeit eines Interviews auf Deiner Seite. Kurz zu mir: Ich bin 30 Jahre alt, geboren und aktuell auch sesshaft in Berlin. Seit knapp zwei Jahren bin ich als Online-Unternehmer mit diversen Projekten beschäftigt, nachdem ich zuvor ca. fünf Jahre in Festanstellung im Geschäftskundenvertrieb gearbeitet habe. Es ist zwar ein steiniger Weg, der viel Fleiß und Selbstverantwortung einfordert, ich weiß die Selbstbestimmung- und freie Zeiteinteilung aber sehr zu schätzen. Für dieses Privileg arbeite ich dann gerne auch mal ein paar Stunden mehr am Tag.
Warum hast du gerade P2P-Kredite zu deinem Thema gemacht?
Gute Frage. Ich hatte erstmals im Herbst 2018 viel darüber nachgedacht einen Finanzblog zu starten. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits ein Jahr in P2P Kredite investiert und das Thema hat mich definitiv am meisten gereizt. Allerdings wusste ich nicht, ob das langfristig vielleicht nicht zu „nischig“ für mich sei. Heute glaube ich, dass es die richtige Entscheidung war. Das Thema bietet einfach brutal viel Potenzial und es gibt noch viele Geschichten, die es zu erzählen gibt!
Das Hauptthema deines Blogs sind natürlich P2P-Kredite. Auf welche Bereiche fokussierst du dich da?
Egal ob Grundlagen, Risiken oder Investitionsstrategien, mittlerweile hat sich zu sämtlichen Themenbereichen einiges angesammelt. Daher denke ich schon, dass ich die gesamte Palette abdecke. Übergeordnet würde ich aber sagen, dass mein Steckenpferd die ausführlichen Analysen mit tiefgründigem Hintergrundwissen sind – sei es zu den einzelnen P2P Plattformen oder zu übergeordneten Trends und Entwicklungen im P2P Sektor.
Der Name deines Blogs „re:think P2P Kredite“ impliziert ja, dass man es sich besser zweimal überlegen sollte in P2P-Kredite zu investieren. Verstehe ich das richtig?
Ich glaube das wäre von der Interpretation her etwas zu negativ. Letztlich begreife ich meinen Blog als eine Seite auf der Themen und gängige Mantras, im Kontext der Geldanlage P2P Kredite, auch mal kritisch hinterfragt werden. Sei es, dass man in eine Hochrisikoanlage wie P2P Kredite nur maximal fünf Prozent investieren sollte oder dass das Risiko durch Plattformdiversifikation minimiert werden könnte – um nur zwei Beispiele zu nennen.
In deinen Beiträgen hast du oft interessante Interview-Partner, z.B. Jekaterina Govina, die für die Kontrolle und Überwachung von Finanzunternehmen bei der Litauischen Zentralbank zuständig ist. Woher kommen deine guten Connections in die Szene?
Ich war im Herbst 2018 das erste Mal im Baltikum, wo es ja eine große Ansammlung von hochspannenden Fintechs im P2P Sektor gibt. Seitdem bereise ich regelmäßig die einzelnen Länder und treffe mich vor Ort mit den wichtigen Personen hinter den Kulissen. Durch dieses Netzwerk ergeben sich dann beispielsweise auch solche Möglichkeiten, die auch für mich eine große Ehre sind.
Dein Bloggerkollege Thomas von P2P-Game ist ein Freund von extremer Diversifikation über verschiedene Plattformen. Siehst du das ähnlich?
Diversifikation ist aus meiner Sicht ein probates Mittel bei der Geldanlage, um langfristige Ziele bei gleichzeitiger Risikominimierung zu erreichen. Da führt kein Weg daran vorbei. Auch auf Mikroebene, also wenn es um die Kredit-Diversifikation auf einer einzelnen P2P Plattform geht, ist dieser Weg alternativlos.
Wenn es um Diversifikation geht, gleichbedeutend mit der maximalen Auswahl an P2P Plattformen, halte ich das persönlich für sehr gefährlich. In den meisten Fällen schafft man sich dadurch eher ein Klumpenrisiko, was aus meiner Sicht dem eigentlichen Ziel der Diversifikation entgegen steht.
Außerdem kommen dann noch Faktoren wie Return-on-time-invested hinzu, was durch die Betreuung mehrerer P2P Plattformen unrentabel wird, sowie die Erhöhung des persönlichen Risikos von Ausfällen und Insolvenzen betroffen zu sein. Ich habe dazu auch mal einen Artikel geschrieben, der diese Punkte noch weiter ausführt.
Im Zweifelsfall bin ich aber ganz klar ein Verfechter von Konzentration und der Fokussierung auf wenige, dafür qualitativ gute P2P Plattformen. Auch das ist ja leider schon schwer genug.
Wie sieht dein Ansatz aus, den du selbst mit P2P-Krediten verfolgst? Welchen Anteil haben P2P-Kredite an deiner Asset-Allokation und worin investierst du sonst noch?
Ähnlich wie oben beschrieben, suche ich auch als Privatanleger eher den qualitativen Ansatz. Ende Mai 2020 lag mein P2P Anteil bei 12,3 Prozent.
Den größten Vermögensanteil macht bei mir eine Immobilie aus, welche ich Ende 2016 im Berliner Speckgürtel gekauft habe und die ich seitdem als Kapitalanlage vermiete. Ansonsten investiere ich noch in Einzelaktien, mit Fokus auf Dividendenkennzahlen. Lange Zeit bin ich hier auch sehr antizyklisch vorgegangen, also im Ansatz eher aktiv und mit Market-Timing verbunden, mittlerweile setze ich aber auch auf etwas mehr Kontinuität via Sparplan.
Anleger die in P2P-Kredite investieren brauchen in der aktuellen Corona-Krise starke Nerven. Wie bist du bisher durch diese schwierige Phase gekommen? Bist du selbst betroffen von Insolvenzen und Ausfällen?
Betroffen gewesen bin ich nicht, nein. Ich denke es war ein schöner Reality Check für viele Privatanleger, die vielleicht erstmals verstanden haben, dass die Risiken bei P2P Krediten real sind und tatsächlich existieren.
Aufgrund der wirtschaftlichen Unvorhersehbarkeit und den Folgen einer möglichen Rezession, habe auch ich meine aktiven Positionen kritisch hinterfragt und als Folge besonders meine Investments bei P2P Plattformen mit Fokus auf Konsumkrediten, etwas zurückgefahren.
Hast du weiterhin Vertrauen in diese Asset-Klasse oder kommt das dicke Ende erst noch?
Der P2P Sektor ist ein hochspannendes Feld und ich denke, dass das Investieren in Privatkredite zukünftig ein fester Bestandteil einer jeden Asset Allocation sein wird! Das Kreditgeschäft ist einfach extrem lukrativ und durch die Disruption in der Finanzbranche haben erstmals auch Privatanleger die Chance davon zu profitieren.
Aber wie immer: Da wo viel Licht ist, zieht es immer auch die Motten an. Besonders in unregulierten Märkten sollten Anleger sehr vorsichtig sein und genau hinsehen. Ich erwarte auf jeden Fall noch einiges an Bewegung in Zukunft, bevor es zu einer echten Konsolidierung kommen wird.
Ganz allgemein: Was sind deine Learning aus der aktuellen Krise in Bezug auf P2P-Kredite und Plattformen?
Persönlich hat es mir definitiv nochmal geholfen die Sinne zu schärfen. Besonders kleinere Anbieter, um die man sich eigentlich als erstes Sorgen macht, sind bei mir gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Auf der anderen Seite habe ich gesehen, wie manche P2P Plattformen die Regeln bis an die Grenze und darüber hinaus ausgedehnt haben, was ich in der Form auch nicht erwartet hätte. Selbst wenn es hier keinen größeren Kollateralschaden geben sollte, hat das schon tief blicken lassen und mein Vertrauen in bestimmte Unternehmen ist dadurch definitiv gesunken.
Außerdem: Obwohl P2P Kredite eine wunderbare Möglichkeit sind um „passiv“ zu investieren – was aus meiner Sicht auch genutzt werden sollte – ist es für mich am Ende ein zyklisches Investment. Wenn es zu einer Rezession kommt, würde ich keine klassische Buy & Hold Strategie mit P2P Krediten verfolgen.
Was genau können und sollten die Plattformen deiner Meinung nach zukünftig ändern oder verbessern?
Das Thema Transparenz sollte definitiv noch immer sehr weit oben auf der Tagesordnung stehen. Dass es erst zu einer Pandemie kommen musste, damit manche P2P Plattformen reagieren und mehr Offenheit zeigen und Einblicke in die Geschäftsentwicklung geben, wird hoffentlich nicht nur ein kleines Strohfeuer gewesen sein.
Ich denke aber – was ich an der Stelle mal erwähnen möchte – dass sich auch Anleger wieder etwas mehr von ihrer manchmal etwas bequemlichen Haltung verabschieden und wieder mehr Eigenverantwortung für sich und ihr Geld übernehmen sollten. Die Schuld immer nur auf einzelne P2P Plattformen oder andere Blogger abzuladen – so wie teilweise nach den Vorfällen bei Grupeer geschehen – ist am Ende nur ein trauriges Eingeständnis, dass man die Verantwortung für sein Geld komplett abgegeben hat.
Daher möchte ich gerne auch jeden Investor dazu ermutigen mich und meine Ansichten kritisch zu hinterfragen, so wie ich es selbst auch versuche vorzuleben. Nur durch solche Diskussionen entstehen Debatten, welche zum Nachdenken anregen und uns weiterbringen. Dieser breite „feel good“ Konsens hingegen nicht.
Welche Pläne hast du in Bezug auf deinen Blog? Gibt es bestimmte Themen über die du demnächst berichten möchtest?
Ich habe immer einen groben Fahrplan für die nächsten Wochen und die Themen, die ich veröffentlichen will. Aber durch die Teilweise entstehende Eigendynamik im P2P Sektor, reagiere ich häufig auch auf aktuelle Themen und Ereignisse. Es ist also schwierig zu beantworten. Am besten Deine Leser schauen immer mal wieder vorbei. Abwechslungsreiche Themen wird es in jedem Fall auch in Zukunft geben!
Hi Götz,
vielen Dank nochmal für die Möglichkeit des Interviews und die abwechslungsreichen Fragen!
Viele Grüße aus Berlin,
Denny